Weit gereist und angekommen
March 17, 2008 (updated on May 12, 2008)
[am 17. März NICHT so in der Neuen Luzerner Zeitung erschienen, weil die Redaktion offenbar ihre eigene Interpretation von Werkintegrität hat]
„Ja, ich mag Stress. Man wird schnell und klar im Kopf.“ –
„Können Sie gar nicht ohne Stress?“ –
„Dauerstress brauche ich nicht, aber ein bisschen Anspannung soll dabei sein, wenn man den Job gut machen will.“
Die Zeit während der Festivals sei jeweils die strengste, sagt Barbara Higgs, die Pressesprecherin des Lucerne Festival. Dieser Tage wollen 60 Journalisten aus aller Welt vor Ort betreut werden. Und während das Osterfestival noch läuft, findet schon wieder die Pressekonferenz für das Sommerfestival statt.
Barbara Higgs sitzt am Besprechungstisch in ihrem Büro in der Luzerner Innenstadt. Ein helles Büro, Parkettboden, hohe Wände. Von hier aus dirigiert Higgs gemeinsam mit ihrem Mitarbeiter aus dem Hintergrund, sorgt dafür, dass die Klänge des Festivals in den Medien ihr Echo erhalten.
Higgs kniet sich in die Arbeit rein, ist stets professionell und freundlich, sagen Journalisten, die regelmässig mit ihr zu tun haben. Und man spüre, dass sie sich sehr mit dem Festival identifiziert. Das muss so sein, sagt sie. „Ich habe eine grosse Passion für Musik und Theater.“ Einen Beruf ausserhalb des Kulturbetriebs kann sie sich nicht vorstellen.
Seit zweieinhalb Jahren arbeitet die 44-Jährige Österreicherin für das Lucerne Festival. Öffentlichkeitsarbeit macht sie, seit sie mit 21 ihr Studium abgebrochen hat. Ethnologie hatte sie studiert in Wien, gerade mal ein Jahr lang. „Ich wollte in die Welt hinaus, nicht als Archivarin im Museum für Völkerkunde landen.“ Aus einem Studentenjob wird eine Anstellung als Pressesprecherin der Österreich Werbung, die sie erst nach Mailand, dann über New York und Los Angeles nach Frankfurt führt. Seitdem hat sie – mit einem kleinen Unterbruch – immer im Ausland gelebt.
„Ich lebe extrem gerne im Ausland.“ – „Warum?“ – „Man ist wacher, alerter als im gewohnten Umfeld. Weil man weiss, dass man fremd ist.“ – „Macht Ihnen das Loslassen keine Mühe?“ – „Nein. Das Abnabeln habe ich früh gelernt. Heimat wird für mich der Ort, wo ich gerade lebe.“
Heimat ist nicht Australien, wo sie geboren wurde. Nicht Salzburg, wo sie aufwuchs. Oder Wien, wo sie ins Internat ging und studierte. „Man schafft sich Heimat durch Freunde, oder wie jetzt – durch eine eigene Familie.
Vor drei Jahren ist Higgs zum ersten Mal Mutter geworden. Spät, aber zum richtigen Zeitpunkt, sagt sie: „Ich habe immer gearbeitet, ich hätte gar nie Zeit gehabt“. Higgs steht auf und hängt von der Magnetwand drei Blätter mit selber ausgedruckten Fotos ab. „Das ist er, Constantin“. Der kleine Junge strahlt mit Mamas Sonnenbrille in die Kamera.
„Ich bin froh, dass ich in jungen Jahren so viel herumgekommen bin.“ – „Weil es jetzt leichter fällt, sich niederzulassen?“ – „Ja.“
Inzwischen kann sie sich gut vorstellen, in der Schweiz zu bleiben. „Die Städte sind überschaubar und zugleich international. Das gefällt mir.“ – „Kein Heimweh nach Österreich?“ – „Nein. Null.“
Erst später, als das Gespräch auf die Mentalität der Schweizer kommt, schimmert das Heimweh durch. Das Gemütliche und Spontane der Österreicher, das vermisse sie schon ab und zu. „Hier sind alle so durchorganisiert.“ – Anstrengend? – „Im Beruf kommt mir das entgegen. Privat liegt mir das Österreichische schon mehr…“.