Kommentar: Etwas viel auf einmal
August 26, 2009 (updated on October 24, 2009)
David Bauer über das unsensible Vorgehen von Google bei der Einführung von Street View.
Medium: SonntagsZeitung
Ressort: Fokus
Datum: 23.08.2009
Google macht mit Street View die Schweizer Städte virtuell begehbar. Das ist natürlich eine praktische Sache. Ich kann überprüfen, ob die Ferienwohnung wirklich so gut liegt wie versprochen. Ich kann den Treffpunkt eines wichtigen Termins vorab besichtigen. Oder ich kann am Computer schauen, was es in meiner Nachbarschaft zu entdecken gibt. So möchte Google, dass wir seine jüngste Innovation sehen.
Weniger gerne spricht Google über das Thema Datenschutz. Tatsache ist aber: Die Suchmaschinenfirma hat im öffentlichen Raum zwangsweise auch Menschen und Autonummern fotografiert. Sind diese zu erkennen, wird das Schweizer Datenschutzgesetz verletzt. Die Software, mit der Google sämtliche Gesichter und Autonummern automatisch unkenntlich machen will, funktioniert noch zu wenig gut. Bereits sind zahlreiche Bilder aufgetaucht, auf denen Personen oder Autonummern eindeutig zu identifizieren sind. Das Produkt ist ganz offensichtlich nicht ausgereift. Google spricht von Einzelfällen und verweist auf die Möglichkeit, solche Bilder zu melden und entfernen zu lassen.
Es scheint, als nehme Google die vereinzelten Verletzungen der Privatsphäre als Kollateralschaden in Kauf. Solche sogenannten Systemfehler bis auf Widerruf der Betroffenen zu dulden, entspricht aber nicht dem Schweizer Gesetz. Der oberste Datenschützer, Hanspeter Thür, hat den Dienst zugelassen. Erst jetzt reagiert er und droht, Street View vom Netz zu nehmen, wenn Google die Auflagen zum Schutz der Privatsphäre nicht erfüllte.
Google hat uns nicht gefragt, ob wir fotografiert werden wollen. Google hat nicht informiert, wann und wo die Kameraautos unterwegs sind. Und Google verlangt von uns, dass wir seine Fehler korrigieren. Das ist etwas viel auf einmal und ein unsensibles Vorgehen bei der Einführung eines eigentlich sinnvollen Produkts.