Alle sind im Internet. Die Baz ist bald auch da.
July 30, 2008 (updated on October 24, 2009)
Erfrischend selbstironisch und realistisch, wie die Basler Zeitung ihren neuen Online-Auftritt ankündigt: “Alle sind im Internet. Wir sind auch bald da.” Am 8. August ist die absolut grässliche und steinzeitartige Website von baz online Geschichte. Dann startet die Basler Zeitung zusammen mit dem Tagesanzeiger und der Berner Zeitung das für die Schweiz einzigartige Internet-Grossprojekt Newsnetz des Tamedia-Verlags.
Eine Zentralredaktion in Zürich sorgt für den Newsteppich, eine Lokalredaktion in Basel (dasselbe in Bern) passt das Angebot für die Bedürfnisse der Leserschaft von baz online an und steuert lokale Inhalte bei. Das Newsnetz ist dabei in erster Linie eine Organisationseinheit, die Webinhalte sind über die bisherigen Websites tagesanzeiger.ch, baz.ch und bernerzeitung.ch abrufbar.
Das Unterfangen ist ambitioniert. Es werden Kräfte gebündelt und drei verschiedene Grossregionen zentral bedient und Inhalte lediglich lokal angepasst. Das funktioniert bei den Gratiszeitungen 20Minuten und NEWS (ebenfalls aus dem Hause Tamedia) bereits gut, im Onlinebereich begibt sich das Newsnetz auf neues Terrain.
Es ist ein zwingender Schritt für die Qualität im Schweizer Onlinejournalismus. Die grössten Medienwebsites sind heute entweder den Klickraten verpflichtete Boulevard- und Lifestyle-Seiten (Blick.ch und 20min.ch, wobei letztere immerhin immer wieder mit guten Eigenleistungen Akzente zu setzen weiss) oder personell zu schwach ausgestattet, um im Onlinebereich eigenständig etwas reissen zu können (nzz.ch).
Das Newsnetz startet mit ordentlich Manpower (in der Zentralredaktion in Zürich sitzen 30 Angestellte, in den Lokalredaktionen nochmals je 6), man hat den profiliertesten Online-Macher der Schweiz als Chefredaktor an Bord geholt (Peter Wälty), das Design und die Informationsarchitektur bei Tamedia-Onlinestratege Oliver Reichenstein (Information Architects) in gute Hände gelegt* und zahlreiche profilierte Schweizer Journalisten für die Redaktion verpflichtet.
Als grosser Verfechter des Online-Journalismus hoffe ich sehr, dass dieses Projekt die leidigen Debatten um Qualität im Onlinejournalismus beenden kann. Wer sich die New York Times Online oder guardian.co.uk ansieht, sollte eigentlich längst begriffen haben, dass das Internet nur ein Trägermedium ist und darauf Qualität genauso möglich ist wie im Printjournalismus. Man muss nur wollen.
In diesem Sinne, und nicht zuletzt weil mit Oliver Reichenstein und Olivia Kühni (Nachrichtenredaktorin) zwei geschätzte KollegInnen mit an Bord sind, wünsche ich dem Projekt gutes Gelingen.
> So sieht das Newsnetz aus: Entwürfe von Information Architects
*Disclosure: Oliver Reichenstein hat auch die Website von 78s.ch gestaltet, für die ich als Geschäftsführer und Mitherausgeber verantwortlich bin.